Schlagwort: Straßburg

Der Rudi Hiden Lauf

Bei meinem gestrigen Lauf war ich auf den Spuren des Grazer Tormannwunders im österreichischen Wunderteam, Rudi Hiden, unterwegs. Aus dem dritten Bezirk bin ich dann aber nicht mehr zurückgelaufen, da ich von einer Firmenveranstaltung am Vorabend etwas übermüdet war.
Rudi Hiden wuchs in Graz auf und wurde als 13jähriger vom „Talentescout“ des GAK, Hans Rosner, im Grazer Augarten entdeckt. Nur durch Zufall mutierte er zum Torhüter, als der großgewachsene Offensivspieler aufgrund der Verletzung der Nummer 1 im Städteduell gegen Sturm Graz zwischen die Pfosten wechseln musste und dort sein Talent zeigte. Nach den ersten Erfolgen in Graz interessierten sich bald auch die Wiener Großvereine für das Jahrhunderttalent. Eine Ablösesumme von 500 Schilling und die Unterschrift seiner Mutter Luise unter den Vertrag, den der noch minderjährige Rudi nicht selbst unterfertigen durfte, besiegelten daher bereits 1927 seinen Wechsel aus der Steiermark zum WAC.
Im krisengebeutelten Österreich der 1920er Jahre, insbesondere in Wien, zählte Fußball zu den beliebtesten und massentauglichsten Ablenkungen von den oft drückenden Alltagssorgen. Bei seinem Debüt im WAC-Trikot kassierte Rudi Hiden allerdings einen vermeidbaren Treffer. Sein Teamkollege Karl Sesta, der später als „der Blade im Wunderteam“ bezeichnet wurde, rief ihm folgendes zu: „So a Türl kann a nur a Steirer kriegen!“  Vielleicht war das die Geburtsstunde des „Steirertors“.
Mit erst 19 Jahren debütierte der als „Praterlöwe“ Gefeierte am 6. Mai 1928 beim 3:0-Sieg gegen Jugoslawien im Gehäuse der österreichischen Nationalelf, das er bis 1933 insgesamt 20 Mal hüten sollte. So auch beim historischen 5:0 über das auf dem Kontinent bislang ungeschlagene Schottland am 16. Mai 1931, das als Geburtsstunde des sogenannten Wunderteams in die Geschichtsbücher einging.
1933 gelang dann der Sprung ins Ausland zu Racing Paris und die Wiener Medien jammerten: „Wiens Fußballvolk hat seine Flagge auf Halbmast gesetzt. Rudi Hiden, Tormann des Wunderteams, Bäckermeister, Cafetier, fescher und lieber Kerl in einer Person, wird uns untreu, geht nach Paris.“
Ehem. Bäckerei von Rudi Hiden

Auch abseits des Platzes sorgte Rudi Hiden für Aufmerksamkeit. Er war eine stilprägende Modeikone mit seinem schwarzem Pullover mit dem markanten weißen Rollkragen. Rudi Hiden kostete seinen sportlichen und in weiterer Folge auch finanziellen Erfolg auf allen Ebenen und in vollen Zügen aus. 1932 eröffnete er im 3. Bezirk in der Landstraßer Hauptstraße 93 eine eigene Bäckerei, in der er unter anderem die „Hiden Wuchtel“ – ein Gebäck mit Nussfüllung in Fußballform – und Länderspielkarten verkaufte. Heute befindet sich an diesem Standort ein Geschäft für Zirbenbetten, leider erinnert nichts an die „Hiden Wuchtel“.

In der Rochuskirche ging er seine erste Ehe ein, die aber unter keinem guten Stern stand. Zwischenzeitlich war er auch Elferkiller im Zirkus Renz. Früher verdienten sich öfters Spieler im Zirkus einen guten Nebenverdienst, wie auch Karl Sesta als Ringer bewies.
Rudi Hiden’s Wohnung

Mit seinen Unternehmungen erlitt er aber leider des öfteren eine Bauchlandung. Seine Bar in Paris ging pleite, auch mit seiner „Sport-Pension Rudi Hiden“ im heutigen Klagenfurter Stadtteil Hörtendorf am Wörthersee Anfang der 1960er Jahre hatte er keinen Erfolg. Bald ging dem Frauenliebling das Geld aus. Mondäner Lebensstil, die Vorliebe für teure Autos, Mode und Affären sowie offenkundig mangelndes wirtschaftliches Talent ließen ihn in den späten 1960er Jahren endgültig verarmen.

Alte Weggefährten aus WAC-Zeiten verschafften ihm in der Wittelsbachstraße 3 eine Wohnung und griffen ihm finanziell unter die Arme. 1973 verstarb er dann in seiner Wohnung in der Wiener Justgasse praktisch mittellos.
Sein Nachruf in der Süddeutschen Zeitung drückte sein Leben sehr gut aus: „Er war ein lustiger Geselle. Er spielte, verdiente, gab Geld aus, war der Meinung, nie alt zu werden, hatte keine Vorsorge fürs Alter getroffen, geriet nach dem Zweiten Weltkrieg in Not. Freunde halfen ihm. Die Fußballwelt ist um eine legendäre Figur ärmer geworden.“  ( https://www.hlk.steiermark.at/…/bei…/12951647/153524465/ )
Der Rudi Hiden Lauf: