Normalerweise würde ich einen Menschen wie Franz Steklzhamer niemals zum Thema einer meiner Morgenläufe machen, doch da es in Österreich und Bayern unzählige Straßennahmen und Denkmäler gibt, die an diesen Dichter erinnern und jeder bescheid wissen sollte, bin ich heute morgen in die Wiener Stelzhamergasse gelaufen. Warum? Das erfahren Sie in diesem Artikel.
Warum man einem Mundartdichter wie Franz Stelzhamer mit unzähligen Straßennahmen von Salzburg bis nach Wien, aber auch in Bayern gedenkt (vor seiner Münchner Wohnstätte in der Nähe des Gärtnerplatzes hängt eine Gedenktafel), verstehe wer will. Er ist unter anderem der Verfasser der oberösterreichischen Landeshymne „Hoamatgsang“.
Bereits irgendein halbrunder Geburtstag reicht aus, um an ihn zu gedenken. Rührselige Geschichten werden ausgegraben, wie etwa von der Mutter, die einen mehrtägigen Fußmarsch auf sich nahm, um ihn auszulösen, nachdem ihm in Passau Schuldhaft drohte. Obwohl immer wieder verschuldet, lebte er auf großem Fuß. Er war jähzornig, ein Großmaul, neigte zu Rauflust. Seine Xenophobie und sein Antisemitismus ist in Notizen, Büchern und Briefen nachzulesen. Warum sich so ein Autor in Österreich und Bayern einer solchen Beliebtheit erfreut, ist nicht ganz klar.
Für Stelzhamer schlingt sich der Jude wie ein „Riesenbandwurm, um die Ernährungsorgane eines jeden kultivirten Staatskörpers, und wie oft man ihn auch abzutreiben versucht hat, man gewann, nicht so glücklich wie beim kleinen im menschlichen Körper, bis jetzt nur größere oder kürzere Stücke, nie aber den Kopf selbst“.
Und das, obwohl er von Juden auch gefördert wurde. Wenn er wieder einmal abgebrannt war, lud er sich bei Salomon Sulzer in der Seitenstettengasse ein, nicht ohne sich über das schlechte Bett und die lauten Kinder dort zu beschweren.
Wer möchte in einer Gasse, die nach einem Antisemit benannt ist, überhaupt leben? Nicht alle sind damit wohl zufrieden. Vor drei Jahrenwurde eine der vier Straßentafeln in der sehr kurzen Stelzhamergasse in Wien überklebt und geändert in „Mare Jonio Gasse“. Mare Jonio ist das Schiff einer NGO, das Flüchtlinge aus Lybien rettet. Leider wurde die Änderung wieder entfernt. Vor drei Jahren wurde zwar eine Zusatztafel unter eine der vier Straßentafeln angebracht, aber lediglich mit dem Kommentar: „Viele seiner Texte sind geprägt von antisemitischen Stereotypen“. Ein solcher Kommentar fällt eher nicht auf, und deshalb singen die Oberösterreicher ihre Landeshymne weiterhin inbrünstig.
Mein Lauf in die Stelzhamergasse