Kategorie: Schriftsteller

Der Peter Altenberg Lauf

An einem eher windigen Samstagmorgen begab ich mich auf meiner heutigen Laufrunde auf die Spuren von Peter Altenberg, der Autor, Journalist, Flaneur und Schnorrer war.

Peter Altenberg, der eigentlich Richard Engländer hieß (9.3.1859 bis 1919) war Autor, Journalist, Flaneur und Schnorrer. Für die einen war er anziehend, für die anderen abstossend. Sein Pseudonym Peter Altenberger wählte er nach der 13-jährigen Bertha Lecher, die Engländer (selbst ca. 20-jährig) in Altenberg an der Donau (gehört heute zur Gemeinde St. Andrä-Wördern) kennenlernte und die von ihren Brüdern wie ein Diener behandelt und „Peter“ gerufen wurde.

Obwohl von den Eltern immer unterstützt, schaffte er das Abitur erst im zweiten Anlauf. Sein Lehrer sagte über ihn: „Ein Genie ohne Fähigkeiten! Gerade das, was dazu gehört im Leben, fehlt ihm, schade, man wird ihn nie anerkennen!“
Das Studium der Rechtswissenschaften brach er nach einem Semester ab, auch der nächste Versuch, Medizin, scheiterte. Die Buchhändlerlehre in Stuttgart ebenso. Zurück in Wien wurde er durch seine exzentrische Lebensführung und als ständiger Gast renommierter Kaffeehäuser (Central, Herrenhof) eine legendäre Figur.

Altenberg hatte immer Geldsorgen und galt als Schnorrer. Er verlangte von seinen Freunden eine Rente. Karl Kraus etwa steckte ihm regelmäßig 30 Kronen zu. Es gab weitere zehn bis fünfzehn wohlhabende Leute in Wien, von denen er eine Monatsrente erbat.
Altenberg bewohnte keine eigene Wohnung, sondern zog es vor, bei Bekannten oder in Hotels zu logieren. In seinen letzten sechs Jahren wohnte er im Grabenhotel im ersten Bezirk in der Dorotheergasse 3, Zimmer 51.

Altenberg sah sich auch als Frauenversteher. Dabei hat er selten erfüllte Liebschaften erlebt. Lina Loos, eine seiner unerfüllten Lieben, erinnert sich: „Peter Altenberg galt als Frauenverehrer. Er war es nicht! Er hat uns gehasst. Er hat uns Frauen gehasst, wie er reiche Leute hasste, die ihren Reichtum nicht zu verwenden wussten.“

Im Cafe Central gibt es noch immer eine lebensgroße Figur von Peter Altenberg beim Eingang. Auch im Büro des Wiener Bürgermeisters gibt es eine solche Figur, die Altenberg beim Zeitung lesen darstellt. In Döbling gibt es auch eine Peter Altenberg Gasse, die aber diesmal nicht in meine Laufrunde passte. ( https://www.deutschlandfunkkultur.de/der-wiener-dichter-peter-altenberg-stammgast-schnorrer-und-100.html )

 

Der Peter Altenberg Lauf

 

 

 

 

 

 

Der Jakov Lind Lauf

Noch eher gemütlich unterwegs bei meinem Morgenlauf, ging es heute bei Sonnenschein nach Kaisermühlen.

Der als Heinz Landwirth am 10.2.1927 in Wien geborene Jakov Lind wuchs im Goethehof in Kaisermühlen auf und wurde als 11jähriger Bub mit einem Kindertransport 1938 von seinen Eltern nach Holland geschickt. Zwischen November 1938 und September 1939 gelang so etwa 10000 unbegleiteten jüdischen Kindern die Flucht vor den Nationalsozialisten. Nachdem er zwei Jahre im Untergrund in Holland lebte, fiel auch dort die Wehrmacht ein.

Aus Heinz Landwirth wurde dank falscher Papiere Jan Gerrit Overbeek. Er lebte in drei verschiedenen Kinderheimen und ebenso vielen Pflegefamilien. In Gouda wurde er in einem Hachschara-Lager auf ein Pionierleben in Palästina vorbereitet, die zwei letzten Kriegsjahre verbrachte er zuerst als Knecht auf einem Bauernhof, später als Schiffsjunge auf Rheindampfern und kurz vor Kriegsende sogar als Kurier für Görings Reichsluftfahrtministerium.

Seine nächste Station, inzwischen nannte er sich Jaakov Chaklan, war Palästina, wo er im Unabhängigkeitskrieg 1948 kämpfte. Danach arbeitete er als Strandfotograf, Orangenverkäufer, Privatdetektiv und Übersetzer, bis er 1950 über Amsterdam und Wien nach London ging, wo er unter dem Namen Jakov Lind im Sommer lebte und arbeitete. Die Wintermonate verbrachte er im Künstlerort Deià auf Mallorca.

Großes Aufsehen verursachte sein Erzählungsband „Seele aus Holz“, wo er seine Erlebnisse während der Schoa verarbeitete. Spätere Bücher, insbesondere der Roman „Landschaft in Beton“, stießen bei Publikum und Kritik auf weniger Verständnis. Denn Jakov Linds Schreibstil hatte mit anderen Stilbegriffen kaum etwas gemein, denn er bevorzugte das Grosteske, ja sogar Vulgäre – kurz, den Schwarzen Humor.

Seit Ende der 1960er Jahre war Jakov Lind kein deutschsprachiger Autor mehr und wollte das bewusst nicht sein. „Wer meine Muttersprache sieht, weiche ihr aus oder bringe sie um, oder übersetze sie in normale Sprache noch ehe man sie ausspricht“. Der Bruch mit der deutschen Sprache war es vermutlich, dass sich seine Bücher deshalb am deutschen Lesemarkt nie durchsetzen konnten, obwohl sie von Kritikern wie Reich-Ranicki immer gelobt wurden. Anders in Großbritannien und den USA.

Die Stadt Wien würdigte den Schriftsteller erst spät. 1997 erhielt er die Ehrenmedaille der Stadt Wien in Gold, in der Leopoldstadt wurde eine Straße nach ihm benannt (Die Zusatztafel, auf der nur Schriftsteller und Maler steht, ist etwas mager) und den Theodor-Kramer-Preis bekam er erst 2007. Im selben Jahr starb er in London. (https://www.juedische-allgemeine.de/allgemein/ironie-des-ueberlebens/ )

Der Jakov Lind Lauf:

 

 

 

 

 

 

Der Friederike Mayröcker Lauf

Die Schriftstellerin Friederike Mayröcker wäre heute 98 Jahre geworden, gestorben ist sie letztes Jahr am 4. Juni 2021 im Alter von 96 Jahren. Ihr Wunschalter war 130 Jahre, das wollte sie immer erreichen. „Besuch mich / nicht an meinem Grab es hilft mir nicht ich bin schon / tot“, hat Friederike Mayröcker einmal geschrieben.

Weiterlesen