Kategorie: Architektur

Der Ella Briggs Lauf

Lockerer Lauf über den Gürtel nach Wien Döbling, durch den Währinger Park, vorbei an der alten Uni für Welthandel zu den von der Wiener Architektin Ella Briggs konzipierten Gemeindebauten.

Am 5.3.1880 wurde Ella Briggs als Ella Baumfeld in Wien in eine jüdische Familie geboren. Ella Briggs-Baumfeld war neben Margarete Schütte-Lihotzky die einzige Frau, die in der Zwischenkriegszeit Gemeindebauten für die Stadt Wien ausführte. Während der Monarchie war ein Architekturstudium für Frauen nicht möglich, also besuchte sie ab 1901 für drei Jahre die Kunstgewerbeschule.

Nach dem Ersten Weltkrieg konnte sie an der Technischen Hochschule München studieren. Nachdem sie einige Jahre in die USA ging, wurde sie ab 1925 mit der Errichtung des Pestalozzi-Hofes betraut, kurz danach baute sie auch das benachbarte Ledigenheim in der Billrothstraße.

Ab 1927 lebte und arbeitete sie in Berlin und errichtete unter anderem zwei Wohnhausanlagen. Mitte der 1930er Jahre musste sie vor dem Nationalsozialismus nach London fliehen. Auch dort war sie bis zu ihrem Tod als Architektin tätig. Ella Briggs starb am 20. 6. 1977 im Alter von 97 Jahren in Middlesex, England.

Das von ihr konzipierte Ledigenheim in der Billrothstraße 9 war das erste kommunale Studentenheim. Da in den 1920er Jahren die Zahl der Singlehaushalte sehr schnell stieg, musste vor allem in den Städten dringend Wohnraum für Ledige geschaffen werden. Briggs’ Ledigenheim, das mehr als 20 Einzimmerapartments hat, ist im Originalzustand erhalten geblieben. Es wird heute vom neunerhaus geführt, einer Sozialorganisation für Wohnungslose. ( https://www.architektur-aktuell.at/termine/ella-briggs-ledigenheim-wiens-erstes-kommunales-studentenheim )

Der Ella Briggs Lauf

 

 

 

Der Margarete Schütte-Lihotzky Lauf

Nur eine knapp 6 Kilometer Runde heute morgen aufgrund wenig Zeit. Der Lauf war heute auch eine ziemliche Rutschpartie, glatte Gehsteige, aber immerhin nicht gestürzt.

Die Margaretnerin Margarete Schütte-Lihotzky hätte heute ihren 127. Geburtstag gehabt, starb aber im Jahr 2000 ein paar Tage vor ihrem 103. Geburtstag. Sie war einer der ersten Frauen, die Architektur studierten und vermutlich die erste Frau Österreichs, die diesen Beruf ausübte. Anfang 1921 arbeitete sie gemeinsam mit Adolf Loos für die Siedlung Friedensstadt am Lainzer Tiergarten. Dort entwarf sie zwei Reihenhäuser in der Woinovichgasse 2 und 4.

Schütte-Lihotzky gilt bis heute als bedeutendste Architektin Österreichs. Ihr bewegtes Leben als Architektin, Friedensaktivistin, Frauenrechtlerin, Kommunistin und Widerstandskämpferin führte sie unter anderem nach Frankfurt, Moskau, Japan, China, London, Paris, Istanbul, Sofia und Berlin. Die von ihr entwickelte, weltberühmte „Frankfurter Küche“, der Urtyp der modernen Einbauküche, findet sich mittlerweile in zahlreichen Museen.

Schütte-Lihotzky plante bereits in den 1920er-Jahren Wohnungen für die „berufstätige Frau“ und Wohnungen für das Existenzminimum, also kompakte Kleinst- und Kleinwohnungen mit einer geringen Wohnfläche, aber mit einer äußerst ökonomischen Raumaufteilung und nach Möglichkeit mit einem direkten Zugang zu einer Freifläche.

Ihre Wohnung in der Franzensgasse 16, die zwischen 2000 und 2020 von der Kunsthistorikerin Ulrike Jenni bewohnt wurde, steht heute unter Denkmalschutz und kann einmal in der Woche besucht werden. Die Raumaufteilung blieb unverändert und viele Möbel von Schütte-Lihotzky sind in ihrer ursprünglichen Funktion erhalten. Die bis ins kleinste Detail durchdachte Wohnung hat nur 55 Quadratmeter, wirkt aber sehr großzügig und atmosphärisch.

Es ist sehr selten, dass es gelingt, eine solche Wohnung zu retten und mit großteils erhaltener Originalausstattung unter Denkmalschutz zu stellen. Bei der Wohnung der weltberühmten Architektin Margarete Schütte-Lihotzky ist es aber gelungen.

Margarete Schütte-Lihotzky: „Ich habe mir nie vorgestellt, Bahnhöfe oder Kulturpaläste zu bauen. Ich wollte Architektin werden, weil ich zur Linderung des Wohnungselends beitragen wollte.“

1938 ging sie wie viele ihrer Kollegen in die Türkei und arbeitete in Istanbul an der Akademie der schönen Künste. Im türkischen Exil entschloss sich Schütte-Lihotzky, aktiv gegen das NS-Regime in ihrer Heimat zu kämpfen. Ende 1940 kehrte sie nach Wien zurück und schloss sich einer kommunistischen Widerstandsgruppe an. Doch bereits im Jänner 1941 wurde sie zu 15 Jahren Haft verurteilt. Sie wurde 1945 befreit, doch die meisten ihrer Mitangeklagten bezahlten ihr Engagement mit dem Leben.

Da sie auch nach dem Krieg Kommunistin blieb, erhielt sie in Wien leider kaum Aufträge. Die regierende Wiener Sozialdemokratie war damals strikt antikommunistisch eingestellt. Aber immerhin konnte sie 1950 zwei Gemeindebauten und einen heute unter Denkmalschutz gestellten Kindergarten am Kapaunplatz entwerfen.

Nachdem Jörg Haider bei einer Debatte im österreichischen Parlament über ein rassistisch motiviertes Bombenattentat, dem vier österreichische Roma zum Opfer gefallen waren, Konzentrationslager als „Straflager“ bezeichnet hatte, klagte Schütte-Lihotzky gemeinsam mit vier weiteren NS-Verfolgten Haider vor dem Wiener Handelsgericht, weil sie in der Bezeichnung eine grobe Verharmlosung des Charakters dieser Lager sah.

 

Der Margarete Schütte-Lihotzky Lauf:

 

 

 

 

Der Paul Lange Lauf

So kalt wie in den letzten Tagen war es heute nicht mehr, aber doch angenehme Temperaturen um die null Grad und einige Höhenmeter in die Dornbacher Weinberge. Der Himmelmutterweg ist schon ziemlich steil. Runter ging’s dann vom Schafberg Richtung Gürtel.
Der Architekt Paul Lange, der heute seinen 174. Geburtstag gehabt hätte, hat 1883 gemeinsam mit Dominik Avanzo das Gasthaus „Zur Güldenen Waldschnepfe“ in Dornbach gebaut.

Das Vorgebäude an diesem Standort wurde bereits 1660 erbaut. 1883 wurde es von Julius Schuster, Güterdirektor der Rothschilds, gekauft, und von Paul Lange und Dominik Avanzo im altdeutschen Stil patriarchalischer Einkehrwirtshäuser des 17. Jahrhunderts erbaut. Beliebtes Gasthaus mit Schrammelmusik, während des 1. Weltkriegs wurde die Waldschnepfe zum Lazarett, im 2. Weltkrieg war dort ein Offizierskasino, nach dem Krieg nicht mehr eröffnet. Nach dem Ungarnaufstand 1956 waren dort Flüchtlinge untergebracht, 2008 war dort eine Bankfiliale und aktuell befindet sich eine Trattoria dort.

Die „Güldene Waldschnepfe“ wurde zum Hauptquartier der Schrammeln (Gebrüder Schrammel, Dänzer und Strohmayer) und zur Hochburg der Schrammelmusik. Die Schrammeln wussten, dass reine Instrumentalmusik beim Heurigen nicht ausreichte um die Aufmerksamkeit des Publikums für längere Zeit zu fesseln. Daher hatten sie immer einige Sänger dabei, vorwiegend Fiaker, die ohnehin auf Ihre Herrschaft warten musste. Einige dieser „Natursänger“ wurden berühmt, allen voran Josef Bratfisch, der Leibfiaker von Kronprinz Rudolf, der selbst oft Gast in der Waldschnepfe war. Immer, wenn die Schrammeln in der Waldschnepfe spielten (jeden Dienstag, Donnerstag, Freitag und Sonntag) ist das Lokal bis auf den letzten Platz besetzt. Den Gründern der Schrammelmusik waren aber nur wenige Jahre des Erfolgs beschieden. Beide starben mit nur 43 Jahren. Johann, der Ältere, 1893, Josef folgte ihm 2 Jahre später. Doch legendär sind sie bis heute.

 

Der Paul Lange Lauf: